Meldung vom: 12. September 2022, 09:15 Uhr | Verfasser/in: Stephan Laudien

An Demenz erkrankte Menschen verlieren Stück für Stück ihre Fähigkeit, sich in der Welt zurechtzufinden. Sie werden sich selbst und für andere fremd. In diesem schlei­chenden Prozess gibt es immer mal wieder Dinge, die den verloren geglaubten Menschen zurückholen, ihn wieder präsent werden lassen. Das können vertraute Gerüche sein oder das Lieblingslied von einst. Ein Team von Psychologinnen der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Leitung von Prof. Dr. Gabriele Wilz untersucht die positiven Wirkungen, die Lieblings­musik auf Menschen mit Demenz in der häuslichen Versorgung hat. Für diese Studie werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht.

Der spontane Wunsch zu tanzen  

Wir haben bereits die Wirkung von Musik auf Menschen mit Demenz in Pflegeheimen unter­sucht und dabei oft überraschende und berührende Ergebnisse erzielt“, sagt Dr. Lisette Weise, die das Projekt „Individualisierte Musik für Menschen mit Demenz in der häuslichen Pflege – Akzeptanz und Wirksamkeit einer App-basierten Musikintervention (IMuD-App)“ koordiniert. Teilweise habe es sehr emotionale Reaktionen beim Musikhören gegeben, etwa den Ausspruch „Ah, das kenne ich von früher, das fand ich schön“, mitsingen oder sogar den Wunsch, zur Musik zu tanzen. Gefördert vom GKV-Spitzenverband der Pflege- und Krankenkassen soll das Projekt nun auf Menschen mit Demenz ausgeweitet werden, die Zuhause leben und betreut werden. Fernziel ist es, eine einfache digitale Anwendung zu entwickeln und für alle Betroffenen nutzbar zu machen.

Eine Projekt-App ermöglicht das Musikhören

Wie Doreen Rother vom Projektteam erläutert, wird den Teilnehmenden ein Tablet zur Verfü­gung gestellt und für jede Person mit Demenz mehrere individuelle Lieblingsmusiklisten erstellt. Es wurde eigens eine Projekt-App entwickelt, deren Menüführung so einfach wie möglich gehalten ist und Unterstützungsmöglichkeiten über Anleitungen zur Bedienung der App und Gestaltung des Musikhörens bietet. Eine Studienteilnahme ist kostenlos, bedarf keinerlei Vorkenntnisse und dauert insgesamt 18 Wochen. Während sechs Wochen soll möglichst jeden zweiten Tag eine der Musiklisten gehört werden. Kurze, in wenigen Minuten auszufüllende Fragebögen in der App erfassen die Reaktionen und das Wohlbefinden der an Demenz erkrankten Personen sowie das Wohlbefinden der pflegenden Angehörigen. Die Ant­worten auf dem Tablet sind beispielsweise durch Smileys möglich. Außerdem sind insge­samt drei Hausbesuche durch eine der Jenaer Psychologinnen vorgesehen, bei denen u. a. der Umgang mit der Technik erklärt wird. Ergänzend erhalten die Teilnehmenden insgesamt vier Mal einen etwas ausführlicheren Fragebogen begleitet von telefonischen Kontakten mit einer Projektmitarbeiterin.

Studieninteressierte können auch 2023 noch mitmachen

Für die Studie werden an Demenz erkrankte Personen gesucht, die in der häuslichen Umge­bung leben und deren Erkrankung ärztlich diagnostiziert wurde. Gesucht werden Männer und Frauen jeden Alters aus dem Raum Erfurt, Weimar, Jena, Gera zusammen mit ihren pflegen­den Angehörigen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land lebend. Die Studie läuft bis 2024, es können sich auch gern Menschen melden, die erst im nächsten Jahr teilnehmen möchten. Wer an der Studie mitwirken möchte, wende sich an Juliane Meininger, Telefon 03641 / 945948 (montags 10-11 und 13-14 Uhr) oder Doreen Rother, Telefon 03641 / 945956 (donnerstags 9-10 und 14-15 Uhr) oder per E-Mail an: musikprojekt@uni-jena.de.

https://www.uni-jena.de/220912-musikunddemenz